27. Oktober 2010 / Laucha: Bürgermeisterkandidaten stellen sich vor
ohne Verfassungstreue und Abgrenzung zur SS kandidiert Lutz Battke zum Bürgermeister im Burgenlandkreis
Die Stadt Laucha an der Unstrut (Burgenlandkreis) wählt am 07. November 2010 einen neuen Bürgermeister. Nachdem Werner Bornkessel sein Amt als Ortsvorsteher vorzeitig aufgegeben hatte, stellen sich nun drei Kandidaten zur Wahl. Einer davon ist Lutz Battke, der für die NPD in Stadt- und Kreistagparlament sitzt. An einer von der Stadt Laucha veranstalteten Podiumsveranstaltung im Schützenhaus nahmen als Gäste 150 bis 200 Einwohner und auch knapp ein Dutzend NPD-Sympathisanten teil. Während Lutz Battke – der ‚Vokuhila mit Hitlerbärtchen‘, der geschasste Jugendtrainer oder der noch immer amtierende Bezirksschornsteinfeger – vorzog, sich so mancher Frage an diesem Abend zu entziehen, applaudierte die angereiste NPD-Riege zu seiner Rechten nach jedem seiner Statements geradezu euphorisch. Angesichts Verschuldung, Arbeitslosigkeit und Abwanderung mit Fragen zu Sachpolitik Wählerstimmen zu gewinnen, ist denkbar schwierig. Klar und offen Position gegen die ideologischen Untiefen ihres extrem rechten Nebenbuhlers zu beziehen schien den beiden Kandidaten Michael Billstein und Chris Ola auch nicht einfacher zu fallen.
Selbst der teils offen demokratiefeindlich agitierenden NPD ein Podium bei solchen Veranstaltungen zu bieten, lasse sich nicht umgehen. Laut Kommunalrecht müsse allen Kandidaten das Recht zur Präsentation gewährt werden, erklärte die Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Jana Grandi (CDU) auf Anfrage. Die Gemeindeordnung Sachsen-Anhalts nennt als Grundvoraussetzung für die Zulassung, dass jeder Bewerber „die Gewähr dafür bieten (müsse), jederzeit für die freiheitlich demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Landesverfassung ein(zu)treten“. Allein durch die Bewerbung um einen solchen Posten sei von der Verfassungstreue auszugehen, sagt die Gemeindeordnung des Landes. Eine Prüfung dahingehend sei nicht vorgesehen. Battke machte allerdings auch keinen Hehl daraus, dass er sich mit dem Schwur auf die Verfassung, den er als Bürgermeister zu leisten hätte, schwer tue.
„regimeverfolgter Fußballtrainer und Schornsteinfegermeister“
Zu seiner Person brauche er nicht mehr viel zu sagen, so Battke, denn „seit drei Jahren bin ich in Presse und Medien – die letzte Zeit täglich – zu sehen“. Nach erfolglosen Versuchen der Landesregierung Battke den Kehrbezirk zu entziehen, erfuhr er zuletzt mediale Aufmerksamkeit als der Landessportbund (LSB) einforderte, dass der „BSC 99 Laucha“ sich von dem extrem rechten Jugendtrainer Battke trennen solle. Der „regimeverfolgte Fußballtrainer und Schornsteinfegermeister“, wie ihn die Landes-NPD betitelt, ist bereits seit 1987 Bezirksschornsteinfegermeister und Gründungsmitglied im „BSC 99 Laucha“, dem ansässigen Fußballverein. Zuvor sei er als Trainer schon bei „SC Empor Laucha“ tätig gewesen, führte er aus. Im Gemeinderat ist Battke seit 1995 aktiv: „Einmal als Einzelkandidat (195 Stimmen/5,4%, Anm.d.Red.), dann mit dem BSC (280 Stimmen/9,02%, Anm.d.Red.) und nun mit der NPD (384 Stimmen/9,72%, Anm.d.Red.)“. Die Meinungen über Battke sind im Ort mittlerweile gespalten. Viele Lauchaer sehen in ihm den engagierten Bürger der sich um die Belange der Mitbürger kümmere. Die Ideologie für die er eintrete, wollen viele nicht wahrhaben, äußerte Jana Grandi am Rande der Veranstaltung besorgt.
keine Versprechungen vor Amtsantritt
Am Herzen läge Battke, „dass die Bevölkerung weiterhin nicht mit Steuern gequält wird“ und eine Beitragserhebung für die Nutzung von Sportplätzen und Turnhallen abgeschafft werden solle. „Ich werde keine Versprechungen hier machen, sondern vor Ort, wenn ich Bürgermeister bin, entscheiden“, verkündete er noch in seinem Eingangsstatement und mahnte die Anwesenden an, „ihre Vorurteile, die sie aus der Presse entnommen haben gegenüber Battke doch mal zu streichen.“ „Wer dort im Stadtrat die Wahrheit sagt, hat es sehr schwer“, wusste der NPD-Stadtrat zu berichten und konnte sich den Fragen zu sachpolitischen Themen halbwegs erwehren. Dass dies meist durch Schuldzuweisungen an die übergeordnete Verbandsgemeinde geschah, wurde hierbei von niemandem kritisch hinterfragt.
„Volksgemeinschaft“ beim BSC 99 Laucha
Ob man sich Sorgen machen müsse um „unser Sportlerheim BSC 99“ – die Frage brennt scheinbar vielen Lauchaern unter den Nägeln. Lutz Battke ergriff auch gleich das Wort: „Die letzten Wochen haben ja gezeigt, mit was für erpresserischen Mitteln der Landessportbund gegen den BSC vorgeht und gegen meine Person“, klagte er. „Was hier gemacht wurde, das hat nichts mehr mit Demokratie zu tun.“ Wie es weitergeht, wisse er nicht. „Ich kann nur hoffen, was dort im Kollektiv, in der Volksgemeinschaft aufgebaut wurde, dass das dort nicht wieder zerstört wird von einzelnen Personen“, versuchte der NPD-Kandidat Battke die Bürger hinter sich und gegen den Landessportbund mit dessen Präsident Andreas Silbersack in Stellung zu bringen. Hat man die Medien der letzten Monate verfolgt, schien Battke hiermit offene Türen einzurennen – der folgende Applaus ging dabei auch weit über die anwesende NPD-Riege hinaus. Von Battke in die „Volksgemeinschaft“ eingereiht zu werden, erregte beim Publikum nur wenig Unmut. „Rein rechtlich ist da absolut keine Handhabe“, wog auch der Mitbewerber Ola die Anwesenden in Sicherheit und schloss sich damit den Ausführungen des kommissarisch amtierenden Bürgermeisters Billstein an. Die Benennung des Problems um die Personalie Battke lassen auch dessen Kontrahenten an diesem Abend gänzlich vermissen.
kein Schwur auf`s Grundgesetz für Battke
„Wie stellen Sie sich Ihren Schwur auf die Verfassung vor? Nach dem Kenntnisstand den ich habe, haben Sie da eine gesonderte Meinung dazu“, fragte ein Stadtratskollege den Diskutanten Battke und wollte zudem wissen, warum er seine Kandidatur nicht zurück ziehe, um dem zu erwartenden Negativ-Image für Laucha im Falle seiner Wahl entgegenzuwirken. Die Amtsvorgänger hätten dieser Stadt viel größeren Schaden zugefügt, war sich Battke sicher. „Es gibt keinen Grund, dass ich meine Kandidatur zurückziehe“, darin sei Battke nach eigenen Aussagen auch von vielen Bürgern bestätigt worden. Vielmehr warf er dem Fragensteller vor, sich gerade selber entlarvt zu haben, kein Demokrat zu sein. Erst auf Nachdrängen zur Frage der Verfassungstreue des Kandidaten, lies dieser offenkundig erkennen, dass er das Grundgesetz der BRD als Verfassung nicht anerkenne: „Zur Zeit hat die BRD keine Verfassung. Es gibt nur ein Grundgesetz … also kann ich Ihnen die Frage nicht beantworten.“
Bürgermeisterkandidat erkennt SS nicht als verbrecherische Organisation
„Eine Frage an Herrn Battke“ zu dessen „demokratischer Einstellung“, wollte ein weiteres Stadtratsmitglied beantwortet haben. Dazu habe dieser dem extrem rechten Stadtratskollegen bereits einen Monat zuvor einen offenen Brief zukommen lassen. „Sie bekommen natürlich auf diese Frage keine Antwort, weil es leider so ist, dass man bestimmte Fragen in der BRD nicht verantworten oder beantworten kann“, reagierte der Battke, der auf Platz Sieben der NPD-Landesliste 2011 in den Landtag einziehen will. Die heiß umworbene Frage, die der NPD-Mandatsträger nicht zu beantworten vermag, lautet: „Stimmen Sie zu, dass die SS eine verbrecherische Organisation war?“ Battke soll dem Fragensteller gegenüber mal geäußert haben: „Ja, Herr B., schon mein Großvater war bei der SS“, heißt es in dem offenen Brief.
Kenntnis vom Parteiprogramm bei NPD nicht nötig
Wie die „soziale Neuerung, die unserem Menschenbild entspricht“ aussehen solle – von der im Parteiprogramm der NPD die Rede sei – wollte Battke auf Anfrage eines Einwohners hin nicht erklären. „Mit dem Parteiprogramm der NPD habe ich mich nicht beschäftigt, weil ich keine Mitglied bin“, zog er sich aus der Affäre. Er sei für die NPD lediglich deswegen aktiv, weil ihn „leider“ keine andere Partei unterstütze. Die vorgebliche Unterstützung für Battke ließ ihm abschließend noch der NPD-Stadtverordnete Detlef Appel aus dem brandenburgischen Oranienburg zuteilwerden. „Sie haben sich hervorragend in die Gruppierung ihrer Vorbilder in Berlin eingeordnet. Sie haben sehr sehr viel gesagt und trotzdem nichts gesagt“, diskreditierte Appel Battkes Mitbewerber ganz direkt. Verleumdungen mit angeblichen „Unregelmäßigkeiten … bezüglich strafrechtlich relevanter Taten“, die Appel „Zu Ohren gekommen“ sein sollen, wurden nicht zugelassen, da er diese auch auf Einwände hin nicht zu konkretisieren wusste. Weiter angereist waren u.a. Matthias Heyder (Landesvorsitzender und NPD-Spitzenkandidat 2011), Matthias Grunzel (Landespressesprecher der NPD), Andreas Karl (Landesvorstandmitglied und Ratsmitglied der Verbandsgemeinde a.d. Finne und Gemeinde Finne), Rolf Dietrich (Mitglied im Kreistag Saalekreis), Volkmar Neugebauer sowie Julian Monaco (JN-Landesvorsitzender Niedersachsen).
Das Nichtzulassen von Appels verleumdender Anfragen quittierten die meisten Anwohner mit zustimmendem Applaus. Für die Verbandsgemeindebürgermeisterin Grandi war das unter anderem ein Signal, dass die Diskussion zu Gunsten der demokratischen Bewerber verlaufen sei. Über den Ausgang der Wahl am 07. November 2010 wollte sie vornweg aber nicht spekulieren. Mit über 13 Prozent konnte die NPD nach der Kommunalwahl im Juni 2009 zwei der 16 Plätze im Stadtrat von Laucha besetzen. Auch wenn Lutz Battke wohl kaum neuer Bürgermeister von Laucha werden wird, die NPD wird anhand des zu erwartenden Achtungserfolges sich einen Einzug in den Landtag in 2011 herbeihalluzinieren.
Einen Tag vor der Wahl findet am 06. November 2010 der NPD-Bundesparteitag in Hohenmölsen im Burgenlandkreis statt.
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